Der Beginn des Europawahlkampfs der österreichischen Grünen ist von Turbulenzen um Spitzenkandidatin Lena Schilling überlagert worden. Am Mittwoch erschien in der österreichischen Zeitung „Der Standard“ ein Bericht, in dem Schilling zwar keine rechtlichen – oder im engeren Sinne politischen – Vorwürfe gemacht werden, aber in dem ein äußerst ungünstiges Charakterbild gezeichnet wird.
Anlass der Berichterstattung ist eine gerichtliche Unterlassungserklärung, mit der sich Schilling verpflichtet, bestimmte Behauptungen über Personen aus ihrem privaten Umfeld nicht mehr zu verbreiten. Daran anknüpfend zitiert die Zeitung mehrere anonyme Gesprächspartner in einer Weise, die es nahelegt, dass die junge politische Quereinsteigerin – bekanntgeworden als Klimaaktivistin – häufiger falsche abträgliche Behauptungen über andere Personen in die Welt setze. Schilling mochte sich in der Sache nicht äußern, da es sich um ihr Privatleben handle. Es werde gegen sie mit Gerüchten und Unterstellungen „kampagnisiert“.
Zeitung kritisiert Reaktion des Parteivorsitzenden
Die Chefredaktion des linksliberalen Blattes rügte ihrerseits, dass der Grünen-Vorsitzende journalistische Arbeit als „Gefurze“ bezeichne. Man könne jede behauptete Einzelheit belegen. Veröffentlicht wurde – bei geschwärzten Namen – die Unterlassungserklärung. In dem Artikel wird ausführlich begründet, warum man sich entschlossen habe, in dieser Weise über Dinge zu berichten, die die Privatsphäre berühren. Schilling sei Spitzenkandidatin, werde wahrscheinlich ins Europaparlament einziehen und könnte dort die österreichische Grünen-Delegation anführen. Daher sei sie eine Person öffentlichen Interesses, und es sei relevant, wie sie sich gegenüber Kollegen und auch Medien verhalte.
In einem Fall geht es darum, dass sie einem Journalisten sexuelle Belästigung vorgeworfen haben soll. Der Mann sei von einer Kündigung bedroht gewesen, doch habe eine Untersuchung durch seinen Arbeitgeber keine Hinweise darauf ergeben, dass an dem Vorwurf etwas dran sei.
Die Grünen sprachen hingegen von einer „organisierten Kampagne“. Die Fraktionsvorsitzende Sigrid Maurer meinte, das sei auch direkt gegen junge Frauen gerichtet. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler bezeichnete die Vorwürfe als „hemmungslos“. Schilling selbst äußerte, dass sie lieber über politische Inhalte diskutieren wolle, nämlich den Klimaschutz.