Der Zustand kurz vor dem Platzen heißt auf Italienisch „arrabbiatissima“ – maximal sauer.
Es ist nur eine Momentaufnahme vom Nato-Gipfel in Washington. Und dennoch liegen die vielen Kommentare in den sozialen Medien, wo das Foto von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni (47, rechte „Fratelli d‘Italia“) mit wutverzerrter Mine viral geht, nicht grundsätzlich falsch mit ihrer Auslegung: Da ist eine RICHTIG wütend auf den selbst ernannten „Friedensbotschafter“ Viktor Orbán (61), der gerade ohne EU-Mandat Kriegstreiber Putin in Moskau getroffen hat.
Kritik an Orbáns Putin-Schleimerei
Dazu muss man wissen: Die beiden Rechtsaußen standen sich politisch nahe, als Meloni im Herbst 2022 in Rom an die Macht kam. Aus Budapest kamen monatelang Komplimente, bei jeder Begegnung Handküsse. Seitdem aber traten die Differenzen immer offener zutage. Wichtigster Streitpunkt: Meloni hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass ihre Regierung die Ukraine nach Kräften gegen Putins barbarische Invasion unterstützt, auch militärisch.
Als Putin im März 2024 die Pseudo-Präsidentenwahl „gewann“, zu der kein Oppositioneller antreten dufte, krachte es zum ersten Mal öffentlich zwischen den beiden. Der Grund: Orbán, der Ukraine-Hilfen und Russland-Sanktionen auf EU-Ebene nach Kräften blockiert, schickte seinem Kreml-Kumpel blumige Glückwünsche zur Wiederwahl. Meloni zeigte sich davon am Rande des EU-Gipfels irritiert bis angewidert.
Vor einem Jahr beim Nato-Gipfel in Vilnius (Litauen) sah man Meloni und Orbán noch gemeinsam strahlen
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Orbán luchste Meloni wichtigen Verbündeten ab
Was das Tischtuch zwischen den beiden wohl endgültig zerschnitten hat: Orbán paktiert auf EU-Ebene mit Frankreichs ebenfalls Putin-naher Rechtsextremistin Marine Le Pen (55, „Rassemblement National“). Beide gründeten im EU-Parlament eine Fraktion rechts der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR), Melonis Parteienfamilie, der u.a. auch die polnische PiS angehört.
Schlimmer noch aus Melonis Sicht: Um die EKR auch bei der Größe nach Zahl der Abgeordneten auszustechen, luchste Orbán ihrer Fraktion vergangene Woche die spanischen „Vox“-Abgeordneten ab. Die hielt Meloni eigentlich für treue Verbündete, zumal man sich im Wahlkampf gegenseitig mehrfach unterstützt hatte. Von „Verrat“ ist in italienischen Medien sogar die Rede.
Orbán setzte seine „Friedensmission“ am Freitag unbeirrt fort, traf im Anschluss an den Nato-Gipfel US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump (78) auf dessen Anwesen in Mar-a-Lago (Florida). Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, man nehme die „ungarische Alleingänge mit großer Verwunderung und Skepsis zur Kenntnis“.