Einwanderung: Warum Österreich die EU abschotten will

Einwanderung: Warum Österreich die EU abschotten will

Stand: 09.06.2023 11:34 Uhr

Beim aktuellen EU-Gipfel steht das Migrationsthema erneut ganz oben auf der Agenda. Österreich gehört zu den Ländern, die auf die strengsten Vorschriften drängen. Warum ist dieses Thema für die Regierung in Wien so wichtig?

Österreich sind die geplanten Änderungen im EU-Asylrecht nicht ausreichend. Oder genauer: die Österreichische Volkspartei (ÖVP). Die zuständigen Ministerien der schwarz-grünen Regierung besetzen und geben den Ton für die Debatte an.

Asylverfahren in Ländern der Dritten Welt

So kündigte Innenminister Gerhard Karner, nachdem er sich mit seinen EU-Kollegen auf strengere Asylregeln geeinigt hatte, an, dass weitere Schritte nötig seien – etwa Asylverfahren in Drittstaaten, also außerhalb der EU.

Darüber hinaus fordert Österreich immer wieder einen „starken“ Grenzschutz. Bundeskanzler Karl Nehammer, ebenfalls ÖVP, will, dass die EU für Zäune und Mauern bezahlt, auch in Bulgarien, das an die Türkei grenzt.

Österreich will sich nicht an die Vereinbarung halten

Österreich ist nicht bereit, Migranten aus den Lagern an den EU-Außengrenzen aufzunehmen – oder Geld zu zahlen, wenn es keine aufnimmt. Darauf haben sich die Innenminister tatsächlich geeinigt.

Österreich habe in den letzten Jahren genügend Solidarität gezeigt, so die ÖVP. Als Argument führt sie die große Zahl an Asylanträgen im vergangenen Jahr an. Es seien 109.000 gewesen, betont Nehamer bei jeder Gelegenheit.

Was Nehammer verschweigt: Mehr als 40.000 Menschen sind ihrem Asylverfahren entgangen. Die meisten von ihnen verließen vermutlich Österreich und zogen in andere Länder. Die Zahl, die die ÖVP angibt, ist um fast 40 Prozent überhöht.

Der weltweite Wunsch, weniger auszuwandern

Aber mit dem Thema Einwanderung kann man in Österreich vor Ort punkten. Eine Umfrage im Frühjahr zeigte: In keinem anderen Land der Welt liegt der Bevölkerung die Eindämmung der Zuwanderung so am Herzen wie in Österreich. Die Politikwissenschaftlerin Katherine Steiner Hammerl sieht die politische Mehrheit Österreichs eindeutig im Mitte-Rechts-Bereich.

Seit der Rechtspopulist Jörg Haider in den 1990er Jahren die politische Bühne betrat, setzt sich die rechte FPÖ gegen Einwanderung ein. Mit rund 30 Prozent liegt die rechtsextreme Partei seit mehreren Monaten in den Meinungsumfragen in Österreich an der Spitze.

Parlamentswahl 2024. Die Strategie der ÖVP besteht darin, die Erfolge der FPÖ durch Themenübernahmen einzudämmen.

Im Wahlkampf schwinden die Meinungsverschiedenheiten mit der extremen Rechten

Der Politikwissenschaftler Thomas Hofer sagte im ORF-Fernsehen, dass die ÖVP beschlossen habe, Differenzen mit der FPÖ nicht zu fördern, sondern diese zu verwischen. Er sieht darin einen verzweifelten Versuch der ÖVP, unter der Führung von Sebastian Kurz zum alten Status quo zurückzukehren.

Bisher ohne Erfolg. Die FPÖ konnte dieses Jahr bei mehreren Landtagswahlen zulegen. Auch wenn die Zahl der Asylanträge in Österreich derzeit rückläufig ist: Ein Kurswechsel der ÖVP ist nicht zu erwarten.

Wien will den Kampf der EU gegen Einwanderung nicht finanzieren

Bundeskanzler Nehammer setzt auch auf die Zusammenarbeit mit der postfaschistischen Regierungschefin in Italien, Giorgia Meloni. Beide trafen sich am Wochenende im Europa Forum Wachau.

Da der heute beginnende EU-Gipfel immer näher rückte, erklärte Nehammer gegenüber Meloni, dass es darum gehe, für die Union zu kämpfen. Die EU-Kommission muss daran erinnert werden, dass sie im Interesse der Mitgliedstaaten arbeitet – nicht der Mitgliedstaaten der Kommission.

Möglicherweise wollte Nehammer unter anderem über den EU-Haushalt streiten. Die EU-Kommission fordert mehr Geld für den mehrjährigen Finanzrahmen bis 2027, auch für den Kampf gegen illegale Einwanderung. Obwohl Österreich genau diesen Kampf beansprucht, hat Nehammer die Geldforderungen der EU-Kommission bereits abgelehnt.

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