China verlangsamt den Bau neuer Kohlekraftwerke – und könnte erstmals mehr Energie aus erneuerbaren Energien als aus fossilen Brennstoffen produzieren. Allerdings sind bereits mehrere Kohlekraftwerke in der Pipeline.
Nach Angaben von Greenpeace genehmigte Chinas Führung im ersten Halbjahr dieses Jahres 80 Prozent weniger neue Kohlekraftwerke als im ersten Halbjahr 2023. Die Umweltschutzorganisation prüfte Projektunterlagen und kam zu dem Schluss, dass 14 neue Kohlekraftwerke gebaut wurden. Befeuerte Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von rund zehn Gigawatt wurden im Januar-Juni zum Bau genehmigt. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres gab es die fünffache Kapazität.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch Experten des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) und des Global Energy Observatory in einer Studie.
Der Energiebedarf steigt weiterhin stark an
China ist der weltweit größte Emittent von Kohlendioxid. Chinas Staats- und Regierungschefs sagen, dass neue Kohlekraftwerke erforderlich seien, um Schwankungen bei der Wind- und Solarenergie auszugleichen, da die Stromnachfrage in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt weiter steige.
Gleichzeitig investiert die Volksrepublik massiv in erneuerbare Energien. Der Greenpeace-Bericht zeigt auch, dass Chinas kombinierte Solar- und Windkapazität in der ersten Jahreshälfte erstmals die Kohlekraft übertraf.
Ich hoffe auf einen Wendepunkt
„Wir können jetzt einen Wendepunkt erkennen“, sagte Greenpeace-Experte Gao Yuhe laut Aussage. Eine Erholung ist jedoch möglich, solange nicht starke Maßnahmen ergriffen werden, die eine weitere Ausweitung der Kohlenutzung direkt verhindern.
China will bis 2060 klimaneutral sein. Zuvor hätte es die Emissionen erhöht: Laut selbst gesetzten Zielen soll der Höhepunkt des Kohlendioxidausstoßes nicht vor 2030 erreicht werden. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass China das Maximum des Kohlenstoffausstoßes erreichen wird Kohlendioxidemissionen viel früher.
Neue Kernkraftwerke an fünf Standorten
Auch die Volksrepublik setzt zur Erreichung ihrer Klimaziele auf Kernenergie. Diese Woche hat der Staatsrat den Bau von Kernkraftwerksprojekten an fünf Standorten genehmigt. Kernenergie macht derzeit etwa fünf Prozent des chinesischen Strommixes aus.
Auf den ersten Blick scheint diese Entwicklung Hoffnung zu machen, dass China seine Position als weltweit größter Kohlendioxidemittent ändern kann. Allerdings verweisen Experten von CREA und Global Energy Monitor auf bereits genehmigte, aber noch nicht gebaute Kraftwerke.
Der Bau von Kohleprojekten mit einer Gesamtproduktion von 41 GW begann in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Auch Peking will in diesem Jahr 80 Gigawatt Kohle ans Netz bringen, schreiben CREA und Global Energy Monitor.
Benjamin Essel, ARD Peking, Tagischau, 22. August 2024, 9:00 Uhr
Mit Informationen von Benjamin Issel, ARD Studio Peking.