ichIm Kampf um die Zukunft der Atomenergie in der Europäischen Union machen Atomenergiegegner einen letzten Versuch. In den letzten Tagen haben sich wieder Kritiker zu Wort gemeldet – Der europäische Grünen-Politiker Sven Giegold Zum Beispiel oder die aktuelle Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Beide warnten davor, die Kernenergie auf EU-Ebene als nachhaltige Energieform zu deklarieren. Ihnen läuft die Zeit davon.
Es ist ein Streit, der die Europäische Union seit Monaten spaltet: Ist Atomkraft eine nachhaltige Option im Kampf gegen den Klimawandel? Für die Nuklearindustrie – insbesondere die Franzosen – bestimmt diese Konstruktion die wirtschaftliche Zukunft. Und für viele Länder geht es um den Energiemix der nächsten Jahrzehnte.
Die Entscheidung ist Teil eines sogenannten Ratings, einer Art grüne Bibel, die klimafreundliche Investitionen skizzieren soll. In den kommenden Jahren wird dieses Design einen großen Einfluss darauf haben, wohin Milliarden von Investorengeldern und EU-Finanzierungen fließen – und wo nicht.
Merkels letzter großer Putsch in der Europäischen Union
Obwohl diese Frage seit zwei Jahren diskutiert wird, tickt nun die Uhr für Atomgegner. Seit dem EU-Gipfel Ende Oktober müssen sie davon ausgehen, dass die EU-Kommission in diesen Wochen vollendete Tatsachen in Sachen Atomenergie und Erdgas erzwingen will. Es gilt zu entscheiden, bevor im Grünen-Deutschland eine neue Bundesregierung vereidigt wird – mit der Atomkraft nicht markiert werden kann.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron scheinen sich auf dem Gipfel geeinigt zu haben, die politische Übergangszeit zwischen der jetzigen Macht in Berlin zu nutzen, um auf EU-Ebene den Weg für Milliarden von Atomenergie- und Erdgasinfrastruktur in den kommenden Jahren zu ebnen. Dies könnte Merkels letzter großer EU-Putsch sein.
Eine Erklärung und ein Tweet der Kommissionsvorsitzenden von der Leyen nach dem Gipfel erinnerten daran, was Deutschland und Frankreich vereinbart hatten: „Wir brauchen auch in der Übergangsphase eine stabile Quelle für Kernenergie und natürlich Erdgas“, sagte der Politiker. „Deshalb werden wir unseren Vorschlag zur Klassifizierung vorlegen.“ Beobachter-Übersetzung: Atomkraft wird für viele Jahrzehnte als nachhaltig gelten, Erdgas zumindest in den kommenden Übergangsjahren.
Steigende Energiepreise erzeugen Druck
Erdgas gilt in Deutschland als wichtiger Energieträger beim Übergang zu klimaneutralen Energieträgern; Entweder im Bund oder in der FDP und Teilen der Sozialdemokratischen Partei. Sogar grüne Politiker haben kürzlich signalisiert, dass sie neuen Erdgaskapazitäten, die den Übergang unterstützen, nicht im Weg stehen werden.
Politiker aller Seiten stehen angesichts steigender Energiepreise unter Druck. Sie müssen befürchten, dass sich auf dem Weg zur Klimaneutralität in den kommenden Jahren die gleichen hohen Energiepreisstufen wiederholen werden. Erdgas kann als Puffer zur Abkühlung von Spitzenpreisen eine wichtige Rolle spielen.
Vertreter Österreichs und Luxemburgs, die auf EU-Ebene hart gegen die Atomkraft kämpfen und die Deutschland zuvor auf ihrer Seite wussten, reagierten scharf auf den scheinbaren Deal zwischen Merkel und Macron. „Österreich ist traditionell gegen Atomkraft und wir werden in der EU weiter gegen die Atomkraft kämpfen“, sagte der österreichische Finanzminister Gernot Blümel der WELT.
Politiker warnt EU-Kommission davor, Atomenergie als nachhaltig zu deklarieren „Wenn die EU-Kommission Investitionen in Atomenergie als nachhaltig erklärt, macht sie einen großen Fehler. grüne Anleihen, über die Atomkraftwerke finanziert werden, wird das auf den Finanzmärkten niemand ernst nehmen. „Die Kennzeichnung mit Atomkraft wäre ein klassischer Kompromiss in der EU, bei dem alle Beteiligten wissen, dass die Entscheidung wertlos ist. Europa wird eine solche Kennzeichnung bekommen, dass sie niemand ernst nimmt.“
Sie und andere Atomkraftgegner werden nun von Forschern des Center for European Policy (CEP) unterstützt. Ökonomen der Denkfabrik stehen im Streit um Atomkraft und Gas auf keiner Seite, warnten aber in einer bisher unveröffentlichten Analyse mit ganz grundsätzlichen Überlegungen. Pläne der Europäischen Union.
Die Forscher erwarten, dass eine Klassifizierung zur Nachhaltigkeit von Kernenergie und Erdgas wenig nützen wird. „Eine der Hauptschwächen des grünen Ratings ist: die Sicht auf das, was darunter ist „nachhaltige“ Aktivitäten Wir müssen verstehen, dass es eine große Kluft gibt, zum Beispiel bei Atomkraft und Erdgas, heißt es in dem vorliegenden Forschungspapier der WELT. „Egal, welche Technologien das Gremium in das grüne Rating ein- oder ausschließt, es wird immer Akteure geben, die das Ergebnis als Missachtung ihres Nachhaltigkeitsgedankens sehen und daher wenig Vertrauen in die Bewertung haben“, sagt Philip Eckhart, Ökonom bei CEP .
Er fordert, das Projekt ganz aufzugeben. Da es kein objektives oder einheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit gibt, ist es nicht angebracht, dass der Staat entsprechende Labels verteilt. Stattdessen müssen Banken, Versicherungen und andere Investoren eigene Regeln entwickeln, die zu ihren Vorstellungen passen. „Es bedarf keiner souveränen Definition von Nachhaltigkeit im Sinne des grünen Ratings“, sagt Eckhart. „Es ist durchaus legitim, nachhaltige Aktivitäten nach unterschiedlichen Kriterien zu kategorisieren und bei Konflikten zwischen verschiedenen Umweltzielen unterschiedlich zu gewichten.“ Investoren können beispielsweise die Klimavorteile und -risiken der Atomkraft selbst einschätzen.
In der Zwischenzeit arbeitet die EU-Kommission weiter an ihrem Projekt. Ein Rating werde es bis Ende des Jahres geben, versprach kürzlich Energiekommissarin Kadri Simpson. Die Bewertung wird als autorisiertes Werk veröffentlicht. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament nicht zustimmen müssen; Sie können aber Widerspruch einlegen.
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