Schwere Vorwürfe gegen EU-Ratspräsident Charles Michel: Der Belgier soll exorbitante Summen für Privatjet-Reisen ausgegeben haben. Vor allem eine Reise sorgte für verärgerte Kritiker.
Der ehemalige belgische Ministerpräsident Charles Michel ist seit 2019 Präsident des Europäischen Rates. In dieser Funktion bereitet er die Ratstagungen vor, leitet sie und vertritt die Europäische Union nach außen. Es ist eine wichtige Position, aber eine niedrige. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, erhält viel mehr Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit.
Eine Reise nach China für mehr als eine halbe Million Euro
Doch in den vergangenen Tagen sorgte auch Charles Michel für Schlagzeilen. Besonders lieb dürfte ihm das aber nicht sein. Denn es ist vor allem das bizarre belgische Reiseverhalten, das in Brüssel für Gesprächsstoff sorgt. Die Reisekosten sollen bis zu viermal so hoch sein wie bei den Vorgängern. Das Nachrichtenmagazin Politico berichtet, dass das Reisebudget des Präsidenten für das kommende Jahr um mehr als ein Viertel auf 2,6 Millionen Euro aufgestockt werden soll.
Es geht nicht nur darum, wie beschäftigt Charles Michel ist. Aber auch, dass sein liebstes Fortbewegungsmittel ein Privatflugzeug ist. Mit einem davon reiste er beispielsweise am 1. Dezember 2022 nach China, um Präsident Xi Jinping zu besuchen. Nach einer Schätzung der französischen Zeitung „Le Monde“ beliefen sich die Kosten für Michel und seine begleitende Delegation auf 460.000 Euro oder fast eine halbe Million. Der Vorstand bestätigte hastig, dass der Linienflug aufgrund der strengen Coronavirus-Auflagen Chinas nicht möglich sei. Andernfalls hätte sich Michel nach seiner Ankunft für zwei Wochen in Selbstquarantäne begeben müssen.
Ein privater Flugzeugbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz am 9. Februar 2022 kostet 37.500 Euro, ein Arbeitsessen in Paris zum Thema „Terrorismusbekämpfung im Sahel“ etwas weniger (35.750 Euro). Auch für Reisen zum Europaparlament in Straßburg nutzt Michel bevorzugt eigens gecharterte Flugzeuge, die zwischen 12.250 und 35.000 Euro kosten.
Michelle ist nur dreimal mit dem Zug gefahren
Laut Le Monde ist er 2022 genau dreimal mit dem Zug gefahren. Selbst für die Strecke Brüssel-Paris, die bequem in weniger als anderthalb Stunden mit Thalys zurückgelegt werden kann, hat er oft einen Dienstwagen vorgezogen.
Vor allem eine Reise hat Kritiker verärgert: Laut Le Monde reiste Michel im November 2022 mit Ursula von der Leyen zur UN-Klimakonferenz – in einem klimafeindlichen Privatjet. Kosten: 103.632 Euro. Außerdem reiste Michel im Februar 2022 für nur 50.550 Euro in einem Privatjet zum „One Ocean Summit“ in Brest, Frankreich, um die ehrgeizigen Ziele der EU für den globalen Meeresschutz zu diskutieren.
Aber nicht nur die Wahl des Verkehrsmittels wird Michel vorgeworfen. Auch bei der Ausstattung von Delegationen und Unterkünften setzt es auf Größe. Laut dem „Le Monde“-Bericht reiste er am 10. und 11. März 2022 in Begleitung von 22 Mitarbeitern und seiner Frau zum Gipfel nach Versailles. Die Kosten für die Reise und die Unterbringung im luxuriösen 5-Sterne-Hotel Fauchon in Paris: 17.350 Euro.
Michel sieht sich als Opfer einer Kampagne
Charles Michel wehrt sich gegen die Vorwürfe. In mehreren Interviews mit belgischen Zeitungen wies er darauf hin, dass die internationale Lage, wie der Ukrainekrieg, große diplomatische Anstrengungen erfordere. Außerdem entscheidet nicht er über das Transportmittel, sondern seine Mitarbeiter, die alle Optionen unter Berücksichtigung des Zeitplans sorgfältig prüfen.
Michel sieht sich als Opfer einer Kampagne. „Indem Sie mich angreifen, greifen Sie tatsächlich das Establishment an“, sagte er zu Le Soir. Allerdings würde er lieber dafür kritisiert werden, zu viel zu tun, als beschuldigt zu werden, nicht genug zu tun.