Mittwoch, 24. November 2021
Krisentreffen in London
31 Einwanderer sterben im Ärmelkanal
Seit Jahresbeginn haben die Behörden mehr als 30.000 Fluchtversuche über den Ärmelkanal nach Großbritannien registriert. Wenn ein Flüchtlingsboot kentert, werden wieder Menschen getötet. Politiker in Paris und London sind erschrocken.
31 Menschen starben beim Untergang eines Bootes mit Migranten auf dem Weg nach Großbritannien. Darunter seien fünf Frauen und ein junges Mädchen, teilte der französische Innenminister Gerald Darmanin in Calais mit. Zwei weitere Personen, die sich auf dem Boot befanden, wurden gerettet. Vier Schmuggler, die an der gescheiterten Überfahrt aus Frankreich beteiligt gewesen sein könnten, wurden festgenommen. Premierminister Jan Castilles sprach von einer „Tragödie“. Der britische Premierminister Boris Johnson, der Flüchtlinge in seinem Land will, hat eine Dringlichkeitssitzung einberufen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat zu einem Krisentreffen auf europäischer Ebene aufgerufen. Frankreich lässt nicht zu, dass der Ärmelkanal in einen Friedhof umgewandelt wird und Schmuggler gefährden Menschenleben. Die Mittel für den Frontex-Grenzschutz an den Außengrenzen der Europäischen Union müssen umgehend aufgestockt werden.
Die Besatzung eines Bootes der französischen Marine sah an diesem Nachmittag Menschen in den Gewässern vor der Küste von Calais schwimmen. Das Innenministerium teilte mit, die Marine habe viele Ertrunkene an Bord der Schiffe transportiert, von denen einige bewusstlos sind. An der Rettungsaktion waren drei Hubschrauber und drei Boote beteiligt.
Die Staatsanwaltschaft Dünkirchen hat Ermittlungen wegen „besonders schweren vorsätzlichen Mordes“ aufgenommen. „Der Ärmelkanal verwandelt sich allmählich in einen Friedhof wie das Mittelmeer“, sagte Pierre Roque von der Hilfsorganisation L’Auberge de Mejrens.
Lokomotiven erhalten 6000 Euro pro Person
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Polizei 15 mutmaßliche Schmuggler aus dem Irak, Rumänien, Pakistan und Vietnam festgenommen hat. Sie sollen jeden Monat etwa 250 Migranten in Booten nach Großbritannien bringen. Für die Überfahrt hätten sie 6000 Euro pro Person erhalten und einen Gesamtgewinn von drei Millionen Euro erzielt.
Seit Jahresbeginn gab es nach Angaben der zuständigen Provinz 31.500 Versuche von Flüchtlingen, den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien zu überqueren. Etwa 7.800 Menschen wurden aus der Tortur auf See gerettet. Insgesamt sind 2021 mindestens 34 Menschen gestorben oder vermisst. Nach britischen Angaben sind seit Jahresbeginn rund 22.000 Einwanderer über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen.
Es gibt viele Einwanderer in der Region Calais. Hilfsorganisationen kritisieren, dass die Sicherheitskräfte regelmäßig ihre Lager evakuieren und dabei Zelte und Schlafsäcke zerstören. In anderen Teilen des Landes werden Migranten in Notunterkünften zur Verfügung gestellt. Viele von ihnen versuchen jedoch weiterhin, Großbritannien zu erreichen.
Übertritte von Migranten nach Großbritannien tragen erheblich zu den Spannungen zwischen Paris und London bei. Viele Einwanderer wollen nach Großbritannien, weil sie dort die Sprache sprechen und dort bereits Freunde oder Verwandte haben. Der Anstieg der Zahlen seit August dürfte damit zu tun haben, dass die Überfahrt bei sinkenden Temperaturen bald gefährlicher wird.