Stand: 02.11.2021 15:19 Uhr
Der russische Präsident Putin fehlt beim Klimagipfel in Glasgow. Kürzlich sagte er, sein Land werde erst 2060 CO2-Neutralität anstreben. Für Umweltschützer gehe das zu langsam. Aber ausgerechnet Reichtum verlangsamt notwendige Veränderungen.
Der russische Präsident Wladimir Putin wollte sich lange Zeit nicht auf bestimmte Klimaziele festlegen. Vor wenigen Wochen hat er ein konkretes Datum festgelegt: Bis spätestens 2060 strebt Russland eine CO2-neutrale Wirtschaft an.
Putin hatte zuvor gewarnt, dass die Klimapolitik vieler westlicher Länder mit strengen Maßnahmen und unausgewogenen Entscheidungen zu Hysterie auf den europäischen Energiemärkten führen würde. Der Übergang zu klimafreundlichen Energien muss reibungslos erfolgen.
„Die Klimaagenda sollte nicht zu einem Instrument werden, um die wirtschaftlichen und politischen Interessen einzelner Länder zu fördern“, sagte Putin. Stattdessen müsse man gemeinsam „verständliche, faire und transparente Regeln für eine global agierende Klimaregulierung schaffen“.
Die Vereinten Nationen fordern mehr Geschwindigkeit
Laut einem Bericht der Vereinten Nationen von letzter Woche müssen die Länder ihre Anstrengungen zum Klimaschutz versiebenfachen, um das im Pariser Abkommen festgelegte Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Russland sei von den Folgen der globalen Erwärmung bereits besonders stark betroffen, erklärt Vasilij Jabloko von Russlands Greenpeace. „Die Erwärmung schreitet hier viel schneller voran als im Rest der Welt: 2,8-mal schneller.“
Katastrophen kommen immer schneller
Das Auftauen des Permafrostbodens in den arktischen Regionen Russlands, Feuerkatastrophen in Sibirien oder Überschwemmungen: Die Intervalle zwischen Katastrophen werden immer kürzer, die Schäden nehmen zu.
Um schnell gegensteuern zu können, müsse man beim Energiesektor ansetzen, sagt Greenpeace-Experte Jabloco. Vor allem schlechte Energieeffizienz ist ein großes Problem. Wärmedämmung oder Thermostat in Heizungsanlagen: Nein. Dann gibt es die gestörten Gaspipelines und die ineffiziente Gasförderung
Wir heizen die Straßen und verlieren Energie in den Netzen. Tatsächlich können Emissionen deutlich reduziert werden, wenn wir die Effizienz unseres Energiesektors steigern.
Es fehlt der politische Wille
Aber es fehlt eindeutig der politische Wille dazu, auch wenn riesige Geldsummen verloren gehen. Kürzlich wurden bei einem Leck in einem Rohr in Nischni Nowgorod 164 Tonnen Methan pro Stunde freigesetzt. Laut Experten werden pro Jahr so viele klimaschädliche Emissionen wie 8000 Autos freigesetzt.
Nach aktuellen Prognosen der VEB Außenhandelsbank können Updates beispielsweise in der Bauwirtschaft und im Bereich der Gasaufbereitung den Kohlendioxidausstoß der russischen Wirtschaft um 200 Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren. Damit könnten bis 2050 umgerechnet 13,5 Milliarden Euro eingespart werden.
Schmelzender Permafrost bedroht auch Häuser wie in Jakutsk – gleichzeitig verliert das Land viel Energie durch stockende Stromleitungen.
Foto: AFP
Kein Anreiz zur Aktualisierung
Es gebe keinen wirtschaftlichen Anreiz für groß angelegte Modernisierungen, sagt Vitaly Kazakov, Direktor des Energiewirtschaftsprogramms an der Russian Business School in Moskau. Energie ist in Russland viel billiger als im Ausland. Daher werden moderne Technologien aus Verbrauchersicht nicht sinnvoll sein. Erst wenn die Energiepreise steigen, zahlen sich Energieeffizienzlösungen wirklich aus.
Schließlich ist die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas von grundlegender Bedeutung für den russischen Haushalt. Bestimmt mehr als die Hälfte des Einkommens. Aus „kurzfristigen Gründen“ werde niemand diesen Sektor aufgeben.